Symptome
Transkription von "Die Symptome"
Linda hat vor zwei Jahren Burn-out. Sie sucht immer noch nach Lösungen:
Ein Burn-out sieht man nicht kommen.
Man trifft nach wie vor Freunde,
geht ins Café, unterhält sich.
Man versteht nicht, was vor sich geht.
Man spürt es nicht einmal.
Isabelle Hansez, Professor für Arbeitspsychologie an der Universität Lüttich:
Es ist ein Geisteszustand, der der
Person zunächst nicht bewusst ist.
Oft sprechen Nahestehende
die betroffene Person darauf an,
dass sich ihre Verhaltensweisen
und Haltungen verändern.
Lies, freiberuflicher Berater.Sie arbeitete als Beamte für ihren Burn Out:
Wirklich schlimm wurde es,
als ich innerhalb eines Monats
15 bis 20 Kilo abgenommen habe.
Man sah mir an,
dass etwas nicht stimmte,
aber ich stritt es ab.
Ich fühlte mich "gut",
arbeitete quasi Tag und Nacht.
Isabelle Hansez:
Menschen mit Burn-out
verlieren sich oft in eigentlich
sehr ineffizienten Tagesabläufen.
Eine Frau sagte mir: "Tagsüber
erledige ich die unwichtigen Dinge.
Ich ordne meine Akten, beantworte Mails,
erledige Organisatorisches.
Abends, nachdem ich mich
um die Kinder gekümmert habe,
kann ich mich konzentrieren
und arbeite dann bis spät in die Nacht.
Dann komme ich unausgeruht ins Büro
und kann mich wieder nicht
auf die eigentliche Arbeit
konzentrieren."
Sie strukturiert ihren Tag
nicht richtig.
Linda:
Ich bekam Schlafprobleme und dachte mir:
"So geht das nicht."
Dann nahm ich Schlafmittel,
bekam davon Magenschmerzen
und musste dann dagegen Mittel nehmen.
Das wirkte sich dann
auf die Arbeit aus.
Mir fiel es schwerer,
zu planen und zu organisieren,
obwohl das mein Job war.
Isabelle Hansez:
Es gibt vier Hauptsymptome.
Zum einen ist das
körperliche und geistige Erschöpfung.
Die Betroffenen verlieren Energie
und werden gewissermaßen träge.
Man bemerkt, dass sie sich zunehmend
distanzieren, auch von der Arbeit.
Sie isolieren sich immer weiter,
mental und physisch.
Als drittes Symptom haben wir
den Verlust der kognitiven Kontrolle.
Manche Betroffene
können sich nicht gut konzentrieren,
sich nichts merken,
ihnen fallen
kognitive Fähigkeiten schwer.
Alles Kognitive verläuft
immer langsamer ab.
Romuald, Verwaltungsassistent, hatte vor zwei Jahren einen schweren Burn-Out:
Ich grenzte mich immer weiter ab,
von meinen Freunden,
aber auch innerhalb der Familie.
Ich war quasi
in meiner eigenen Blase gefangen.
Ich werkelte vor mich hin,
bastelte die ganze Zeit
im Keller vor mich hin,
wie in einer Höhle.
Isabelle Hansez:
Ein weiteres Symptom ist
der Verlust der emotionalen Kontrolle,
was zu übersteigerten
emotionalen Reaktionen führen kann.
Auf Frust auf der Arbeit
reagieren sie gereizt.
Diesen Verlust bemerken die Betroffenen
auch an sich selbst.
Linda:
Man wird ängstlich,
hat weniger Selbstvertrauen...
Man gerät in einen Kreislauf,
aus dem man nicht mehr herauskommt,
bis man zusammenbricht.
Der Burn-out manifestiert sich in verschiedenen Typen von Symptomen, die gleichzeitig auftreten können:
Körperliche Symptome
Die körperlichen Symptome betreffen hauptsächlich eine anhaltende Müdigkeit sowie Schlafstörungen (Schlaflosigkeit, nicht erholsamer Schlaf usw.).
Dazu kommen die Muskelspannungen, die von Schmerzen im Bereich des Rückens und Nackens begleitet sind. Appetitstörungen, Verdauungsstörungen (Übelkeit, Brechreiz, Magen- und Darmverstimmungen usw.), plötzlicher Gewichtsverlust bzw. Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle werden ebenfalls beobachtet. Einige sagen, dass der Burn-out das Immunsystem schwächt mit häufigeren Infektionen als Folge.
Affektive/emotionale Symptome
Der Burn-out zeigt sich durch Angst, nervliche Anspannungen, eine depressive Stimmung, einen Mangel an Antrieb usw. Die Person mit Burn-out zeigt Reizbarkeit oder im Gegenteil eine Abwesenheit von Emotion.
Kognitive Symptome
Die Kapazitäten zur Datenverarbeitung der Person mit Burn-out sind verringert und sie hat Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, mehrere Aufgaben gleichzeitig durchzuführen, Sachen deutlich zu machen, Entscheidungen zu fällen. Sie weisen Gedächtnisstörungen, Vergesslichkeit auf und machen (kleinere) Fehler.
Verhaltenssymptome
Allmählich verliert der Mensch mit Burn-out seine Motivation und zieht sich von seiner Arbeit zurück. Er nimmt eine harte, gleichgültige und zynische Einstellung gegenüber seiner Arbeit und seinen Kollegen ein. Er verliert seine Empathie, zieht sich in sich selbst zurück und isoliert sich zunehmend. Er wird intoleranter, und sein Verhalten wird aggressiv, ja sogar feindlich. Er hat das Gefühl, nichts mehr zu kontrollieren, stellt seine beruflichen Kompetenzen in Frage und wertet sich selbst ab. Er nimmt Drogen (Selbstmedikation: Amphetamine, Kokain, Koffein, Modafinil) zur Erhöhung seiner Leistungen bei der Arbeit oder übernimmt anderes Suchtverhalten zur Verringerung des Stresses (Alkohol, Anxiolytika bzw. Angstlöser).